Flohmarkt, neue Ausdrücke und verbotener Tee…

Seide.ch am Gänggali-Markt in Chur

Gestern war Seide.ch mit Seidenbettwäsche, Seidenstoffen und Accessoires am Flohmarkt in Chur. Ein bisschen Publicity kann nicht schaden und da Seide vor allem haptisch gross rauskommt, wollten wir das Befühlen von echter Seide den Leuten in ungezwungener Atmosphäre ermöglichen. Vorgestern noch wusste ich nicht, was Haptik überhaupt bedeutet, nein, offen gestanden hatte ich dieses Wort noch gar nie gehört. Mein Werbefachmann, der mich an den Flohmarkt begleitete, hat dieses Wort gebraucht und hier nutze ich die Gelegenheit, meinen Wortschatzzuwachs auch aktiv einzuflechten. Als wir noch Kinder waren, hörten wir ja oft „man schaut mit den Augen, nicht mit den Händen“, „nicht alles anfassen!“ und dergleichen. Das Wort „begreifen“ zeugt jedoch von der Absurdität dieser Erziehung. Anfassen hilft zu erfassen und ergreifen trägt wesentlich zum Begreifen bei… Darüber könnte man noch seitenweise philosophieren, doch eigentlich wollte ich euch ja über unser Gänggeli-Abenteuer berichten.

Aufgrund eines Missverständnisses waren wir illegal da und mussten uns einerseits (vor der Polizei) verstecken, wollten aber andererseits durchaus Aufsehen erregen. Gewolltes Aufsehen erregten wir mit unserem Zelt, das wir demonstrativ in der Mitte des Platzes aufgestellt hatten, ungewollte Aufmerksamkeit dagegen wurde uns bei unseren kläglichen Versuchen zuteil, das Zelt am Davonfliegen zu hindern.

Da es so regnete, war es wohl der Stadtpolizei zu ungemütlich, auf dem Flohmarkt Kontrollen durchzuführen, und die Gänggali-Crew der Stadt Chur war offenbar um jeden Teilnehmer froh, der nicht wetterbedingt das Weite suchte und drückte deshalb alle Augen und Hühneraugen zu.

Kaum hatten wir unser Partyzelt aufgestellt, fegten Windböen über den Platz. Wir hielten es an zwei der Stangen fest und staunten nicht schlecht über den zwölfjährigen Einwandererbuben Mohammed, der ohne lange zu fackeln die dritte Zeltstange ergriff und festhielt. Wir kannten weder ihn, noch kannte er uns und doch hat er ohne zu zögern geholfen. Das hat mich sehr beeindruckt.

Standnachbarn
Standnachbarn

Als kurz darauf der Föhn zusammenbrach und der Regen einsetzte, luden wir Mohammed und seine Familie ein, sich mit ihren Sachen auch zu uns unter das Zelt zu gesellen. Zwar war an Verkauf nicht mehr zu denken, aber es galt sowieso erst mal den Regen auszusitzen. Die Zeit war keineswegs verschwendet, denn wir hatten in unserer Deckung ein richtiges kleines Käferfest mit türkischem Tee und Schoko-Keksen sowie mit schweizerischen Gipfeli und Weggli. Wir erfuhren, dass vor vielen Jahren den Kurden der Tee (normaler Schwarztee, nichts Absonderliches) verboten war, eine Massnahme, die einzig dazu diente, diese Bevölkerungsgruppe zu drangsalieren und zu schikanieren. Deshalb nennen die Kurden noch heute den Schwarztee „Verbotener Tee“.

Als nach einer genau richtig bemessener Zeit die Sonne durch die Regenwolken blinzelte, kamen doch noch ein paar Leute und kauften dies und das bei Mohammed. Wir verteilten ein paar Prospekte und forderten Interessierte auf, die Seidenprodukte zu befühlen. Viele Menschen wissen gar nicht, wie wunderbar Seide sich auf der Haut anfühlt. Sie glauben, „Satin“ sei Seide, dabei bezeichnet der Ausdruck „Satin“ lediglich eine Webart, die eine glatte, schimmernde Oberfläche hervorbringt. Unsere Seidenbettwäsche ist – genau wie die Seidenschals auch – ebenfalls Satingewebe. Seidensatin ist so glatt und weich, wie die Haut selbst. Sein Schimmer wird oft kopiert und bleibt doch unerreicht.

Wenig später gesellte sich ein Freund aus der Jugend mit seinem halbwüchsigen Sohn zu uns und leistete uns Gesellschaft. Es war herzerwärmend, alte Zeiten aufleben zu lassen und zu erfahren und mitzuteilen, was in den letzten Jahrzehnten in unseren Leben so alles passiert ist! So war es – schwuppdiwupp – zwei Uhr und somit Zeit, alles wieder zusammenzupacken und Abschied zu nehmen. Auch beim Abbau des Zelts und beim Verstauen der Waren haben uns unsere neuen türkischen Freunde tatkräftig unterstützt. So war der Mai-Gänggali 2017 trotz aller äusserlichen Widerwärtigkeiten ein voller Erfolg.

Herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben! Gnüssend dr Sunntig und bliibend gschmeidig!

Herzlichst eure

Daniela Feldmann

4 thoughts on “Flohmarkt, neue Ausdrücke und verbotener Tee…

  1. Kommt Ihr wieder nach Chur? Das wäre ein Grund, den Gänggelimarkt aufzusuchen!
    Zufällig habe ich Euer Inserat entdeckt im „Bezirks-Amtsblatt“ der Regionen Landquart und Prättigau/Davos. Wenn am 2. September Ihr am Gänggelimarkt seid, dann komme ich.
    Viel Erfolg!

    1. Liebe Irene
      Leider dürfen wir am Gänggalimarkt in Chur nicht mehr teilnehmen – offenbar ist dieser Markt nur für private Anbieter und das können wir ja nicht wirklich behaupten. Schade! Ich hätte Sie gerne kennengelernt und Ihnen unsere wunderbaren Produkte gezeigt.
      Ich wünsche Ihnen und allen Lesern einen schönen Tag und sende liebe Grüsse Daniela

  2. Es ist schön zu sehen, wie Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Kulturen zusammenkommen und sich gegenseitig helfen. Die Aktion am Flohmarkt zeigt, dass solche Veranstaltungen nicht nur für den Verkauf, sondern auch für den Austausch und das Miteinander wichtig sind.

    LG, Esther Meyer vom Flohmarkt Landquart

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