Seide im Laufe der Geschichte

Kleine Chronologie der Seide

Seide kennt man bereits seit über 5.000 Jahren. Entdeckt wurde sie laut Legende von Lei Zu, der Frau des chinesischen Kaisers Huang-Di (vgl. Geschichte der Seide). Seide gilt als „Königin der Textilien“ – ohne das „gesponnene Gold“ der Seidenraupe hätte sich China wahrscheinlich nicht so früh zu einer solch grossen Weltkultur entwickelt.

Um 100 v. Chr. waren chinesische Luxusgüter wie Seidengewänder sehr beliebt und wurden in aller Welt gehandelt. Dadurch entstand der erste Handelsweg zwischen China und Europa: die Seidenstrasse.

Die Seide der Griechen und Römer

Pistazienspinner (Pachypasa otus)
Pistazienspinner (Pachypasa otus; © pyrgus.de)

Der griechische Philosoph Aristoteles berichtete bereits um 350 v. Chr. vom so genannten „coischen Gewebe“. Dieses Seidengewebe wurde aus dem Sekret des Pistazienspinners hergestellt, war aber nicht so fein wie die chinesische Seide.

Die Seide der Römer hiess Byssus. Sie wurde aus einer spinnenden Steckmuschel aus dem Mittelmeer gewonnen. Diese Muschelseide war rar und daher sehr kostbar. Deswegen trugen die Bürger, die es sich leisten konnten, chinesische Seide.

Seidenverarbeitung in Europa

3000 Jahre war die Seidenzucht in China ein wohlgehütetes Geheimnis. Seide war deshalb in Europa ein reines Importprodukt, welches sich nur sehr wohlhabende Menschen leisten konnten. Doch dann verbreiteten sich die Kenntnisse über die Seidenproduktion von Kothan aus über Japan und Indien in alle Richtungen. Das chinesische Monopol der Seidenherstellung war zwar gebrochen, doch die Qualität der Chinaseide war noch lange Zeit unübertroffen.

Von Annie Renouf Whelpley (Vincent Davenport) 1852 – ca. 1928 – Düsseldorfer Auktionshaus

Während der Normannenzeit wurde Italien in Europa  zu einer Hochburg der Seidenraupenzucht und Seidenspinnerei. Die Venezianer und die Franzosen liessen aus der Seidenmalerei Chinas eine eigene abendländische Kultur reifen. Lange Zeit blieb Italien das vorherrschende Seidenland in Europa, bis Frankreich in der Mitte des 17. Jahrhunderts seine Seidenwebereien stark erweiterte und so Italien den Rang ablief.

Geburt der chemischen Industrie

Mauvein Perkinprobe (© Historische Farbstoffsammlung und IAPP, TU Dresden)
Mauvein Perkinprobe (© Historische Farbstoffsammlung und IAPP, TU Dresden)

Mitte des 19. Jahrhunderts mussten die italienischen und französischen Seidenproduzenten einen schweren Rückschlag hinnehmen. Die sogenannte Fleckenkrankheit  vernichtete ab 1854 die Seidenraupen in ganz Europa. Zur gleichen Zeit wuchs hingegen eine andere Industrie: Als 1856 der Engländer William Henry Perkins den ersten synthetischen Anilin-Farbstoff herstellte, waren die Lyoner Seidenfärber begeistert – der violette Farbstoff „Mauvein“ wurde um 1860 zur Modefarbe, und es begann ein Ansturm auf neue Anilin-Farben. Damit haben die Seidenfärber die europäische Chemieindustrie begründet.

Heutzutage sind Indien, China, Japan, Brasilien und Thailand die grössten Seidenproduzenten.